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Editorial von Andreas Lombard
Am 27. Februar 2019 sprach der Journalist Stephen Sackur in der legendären Reihe »Hardtalk« (BBC) mit dem ungarischen Außenminister Péter Szijjártó. Oder war es eher ein Verhör? Sackur sprach scharf, bedrängend, auftrumpfend. Als er dem Minister vorhielt, daß es keinen Beweis für die migrationsfreundliche Einflußnahme von George Soros auf die EU-Kommission gebe, sagte Szijjártó, daß Soros in den letzten Jahren 21-mal von der Kommission empfangen worden sei, ohne daß es danach eine öffentliche Stellungnahme gegeben habe. Sollte die Linie der EU-Kommission etwa aus purem Zufall mit Soros’ Programm übereinstimmen? Die EU, so Szijjártó, sei es gewohnt, mit ihrer Politik durchzukommen, aber diesmal sei das anders: »Wir haben es satt. Wir sind nicht Teil des Problems der EU, sondern Teil der Lösung. Die Ungarn sind eine Nation von Freiheitskämpfern.« In diesem Heft zeigt der amerikanische Historiker Lee Walter Congdon, wie Viktor Orbán die Interessen der Ungarn vertritt.
Die Politik Westeuropas kann für mittel- und osteuropäische Länder wie Ungarn, Polen oder Tschechien nur eine Warnung sein. Endlos steigende Staatsausgaben lassen die Leistungsträger verarmen, die einst auskömmlich leben konnten. Die brennenden Champs-Élysées geben einen Vorgeschmack auf die Rückkehr der Klassenfrage. Masseneinwanderung und Multikulturalismus zerstören den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie provozieren Machtfragen, die mehr aus Gründen der politischen Physik als eines bösen Willens zu gewaltsamen Spannungen führen. Der ungarische Geheimdienstexperte László Földi warnt vor der illegalen Einwanderung nicht nur islamistischer Terroristen, sondern auch muslimischer Soldaten mit regulärer Offiziersausbildung. Die Unterwanderung der europäischen Militär- und Sicherheitssysteme habe längst begonnen. Wer kann das wollen? Ist es so schwer zu verstehen, daß der Geist, in dem die Ungarn 2015 ihren Grenzzaun errichteten, derselbe ist, in dem sie 1989 den Eisernen Vorhang zu Österreich öffneten: der Geist der Freiheit?
Über Freiheit sprach kürzlich auch der Philosoph Rémi Brague im Palais du Luxembourg in Paris. Anlaß war die Gründung einer kulturellen Plattform der europäischen Lebensschutzinitiative »One of Us«. Befreien möchte Brague die akut bedrohte europäische Intelligenz. Er sagte: »Tatsächlich kann man vielerorts eine Art geistigen Terror konstatieren, mit dem bestimmte Welt- und Menschenbilder erzwungen werden sollen. Dieser Terror ist ein ›softer‹ Terror. Er bleibt diskret, aber das macht ihn um so wirksamer. Wir leben in einer Epoche, in der Selbstverständliches erneut bekräftigt und Gemeinplätze wiederholt werden müssen, und in der man das nicht tun kann, ohne ein hohes Risiko einzugehen.«
Europa steht an der Schwelle zur Ethokratie, zur Gesinnungs-diktatur. Der europäische demos wird im Namen der »europäischen Werte und Normen« in Schach gehalten. Das fürchterliche Attentat in Neuseeland wird als Druckmittel dienen, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Wenn es bei existentiellen Fragen wie Lebensrecht, Steuern, Energie oder Einwanderung keine demokratische Mitbestimmung gibt, ist die Demokratie am Ende. Dann werden die Verteidiger der Demokratie als ihre Feinde verleumdet. Aber der Widerstand gegen die Ethokratie wächst. Einer seiner bekanntesten Köpfe ist der kanadische Psychologe Jordan B. Peterson, der ab sofort in CAto eine Kolumne füllt. Und auch sonst enthält Cato ab diesem Heft mehrere neue Kolumnen,
freut sich Ihr