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Editorial von Andreas Lombard
Stellen wir uns die lebhafte Mitgliederversammlung irgendeines Sportvereins vor. Die einen wollen den Beitrag erhöhen, die anderen wollen ihn senken; die einen wollen das Vereinshaus renovieren, die anderen neue Geräte kaufen; die einen wollen mehr Mitglieder werben, die anderen finden, der Verein sei schon groß genug … und immer so weiter. Der Vorsitzende schweigt. Irgendwann wird er gebeten, Stellung zu nehmen. Er sagt aber nur einen Satz, den er wie eine Sprechpuppe bei jeder Nachfrage wiederholt: »Der Verein ist die Antwort.« So ein Vorsitzender wäre nicht mehr lange im Amt. Die Mitglieder würden ihn für unfähig oder unehrlich halten. Sie würden argwöhnen, daß er sich nicht festlegt, weil er sein eigenes Süppchen kochen will. Ja, es gibt nur diese zwei Deutungen, Unfähigkeit oder böser Wille.
Leider antwortet unser Außenminister meistens auch nichts anderes, wenn er auf europäische Probleme oder Konflikte angesprochen wird, freilich mit dem Unterschied, daß die anderen es so machen wie er: »Europa ist die Antwort«, lautet der Slogan der SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley. Gemeint ist damit zum Beispiel eine Vereinheitlichung aller Lebensverhältnisse (»Standards«) in Europa und auch auf der ganzen Welt (freier Zugang zur »Grundversorgung«). Von der destruktiven Wirkung materieller Gleichmacherei scheinen Maas und Barley genausowenig gehört zu haben wie vom Scheitern des realexistierenden Sozialismus. Es muß halt Weltpolitik sein, obwohl Deutschland auf diesem Terrain schon zweimal auf die Nase gefallen ist. Daß sich nach deutschem Vorbild weltweit die Sozialsysteme öffnen sollten, erklärte der neue Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts Stephan Harbarth, als er, noch für die CDU im Bundestag sitzend, den »Compact for Migration« dort als rechtlich »unverbindlich« verteidigte. Solche Antworten sind das Gegenteil einer Antwort. Sie erwecken den Verdacht, daß sie von dem ablenken sollen, was hinter den Kulissen geplant wird. Es wundert einen nur, daß diese Leute sich dann über sinkende Umfragewerte wundern. Und über den Erfolg von politischen Gegnern, die in Deutschland als »Gesinnungskranke« gejagt werden dürfen.
Und das bei praktischem Versagen auf allen Ebenen: Sicherheit, Recht, Wirtschaft, Banken, Soziales, Haushalt, Renten, Energie, Bildung (»Gehört der Islam zu Europa?« – EU-Kommissar Frans Timmermans: »Ja, seit 2000 Jahren!«), BER, Gorch Fock, Flugbereitschaft, was noch? Es stimmt schon, wer die Welt rettet, kann nicht auch noch das eigene Haus besorgen. Der rechtschaffene Bürger fragt sich dann aber, welche Machenschaften ihm gefährlicher werden, die vom Rand der Gesellschaft oder die aus ihrer Mitte. Was auch immer in Paris passiert ist – ohne ein Fehlen des Guten, das für Thomas von Aquin nichts anderes ist als das Böse –, ohne ein Fehlen jener inbrünstigen Sorgfalt, die das Gotteshaus jahrhundertelang geschützt hat, wäre nichts passiert.
Das Dach brennt. Nicht nur das Dach der Pariser Liebfrauenkirche, sondern das der Kirche und einiger Staaten Europas auch. Mit der mokanten Herablassung gegenüber seinen traditionellen Fundamenten wird der Westen nicht mehr weit kommen. Ein Gutes hat der Brand von Notre-Dame allerdings. Manchmal begreifen wir erst im Augenblick des Verlustes, was es zu bewahren gilt, »was zu uns gehört« – wie eben Rom, Athen und Jerusalem,
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